1400228_WAE_7461Bis Ende 2019 scheiden fast 29.000 Beschäftigte altersbedingt aus dem öffentlichen Dienst aus, zieht man den noch laufenden Personalabbau – vor allem bei den Hauptverwaltungen – von dieser Zahl ab, bleibt man bei ca. 25.000 neu zu besetzenden Stellen innerhalb der nächsten Jahre. Für das Land Berlin bedeutet dies eine gigantische Herausforderung, auf die wir noch immer keine umfassende Antwort gefunden haben. Die SPD-Fachpolitikerinnen und -Fachpolitiker warnen schon seit Jahren vor dieser Lücke. Im Januar 2013 hatten wir auf unserer Klausurtagung Leitlinien für ein Personalkonzept aufgezeigt und in einer Resolution ein Personalkonzept des Senats eingefordert.

Die Herausforderung betrifft sowohl die Landesebene als auch die Bezirksebene. Für alle Bezirke zusammen handelt es sich um etwas mehr als 5.000 Beschäftigte bis 2020. Wenn wir heute keine Antworten geben, werden wir in absehbarer Zeit für weite Teile der Verwaltung nicht mehr genug qualifiziertes Personal haben.

Eine zweite Entwicklung kommt für nahe Zukunft erschwerend hinzu: Die heutige Zielzahl für den gesamten öffentlichen Dienst Berlins beträgt 100.000 Vollzeitstellen, davon 20.000 in den Bezirken. Doch trotz des Zensusschocks vom letzten Jahr bleibt es dabei, dass Berlin eine wachsende Metropole ist. Bis Ende 2030 werden deutlich mehr als 200.000 Menschen neu nach Berlin kommen – das ist die Dimension eines Berliner Bezirkes. Die wachsende Stadt bringt wachsende Aufgaben für den öffentlichen Dienst mit sich. Deshalb werden die bisher geltenden Zielzahlen – die bei einer stagnierenden Bevölkerungsprognose errechnet wurden – nicht mehr halten können. Das fast zehn Jahre alte Tabu von den 100.000 Stellen als Obergrenze muss in der wachsenden Stadt hinterfragt werden. In den Bereichen, wo mehr Personal gebraucht wird, werden wir über eine Korrektur der Zahl nach oben nachdenken.

Deshalb brauchen wir jetzt ein Personalkonzept für das ganze Land Berlin. Für alle Fachverwaltungen müssen Personalbedarfskonzepte erstellt werden. Gleichzeitig müssen die Verwaltungen sofort mehr ausbilden, um nicht kurzfristig vor Personalengpässe gestellt zu werden. Ansonsten wird man in wenigen Jahren den Mangel auch als Bürger spüren, weil Leistungen nicht mehr erbracht werden können.

Berlin ist in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückgekehrt, damit haben die Angestellten eine verlässliche Perspektive erhalten und werden schrittweise gleichgestellt. Für die Beamten haben wir eine Erhöhung der Besoldung um je 2,5 Prozent für die nächsten beiden Jahre geschafft. Wir tun also auf der finanziellen Seite bereits das, was möglich ist.

Bei einem so gravierenden Wandel der Belegschaft des Landes stellen sich aber auch weitergehende Fragen. Zunächst wird das Land daran arbeiten müssen, als Arbeitgeber attraktiv zu sein, damit die klügsten und engagiertesten Köpfe für die Stadt arbeiten. Eine der wichtigsten Fragen ist, wie wir überhaupt junge Leute für die Verwaltung begeistern können. Dabei wird eine verstärkte Öffnung für Quereinsteiger ebenso wichtig sein wie die interkulturelle Gestaltung des öffentlichen Dienstes. Zudem muss Förderung von Frauen in Führungspositionen nicht nur aus Gründen der Gerechtigkeit, sondern schlicht aus Bedarfsgründen eine Rolle spielen – ein männerdominierter öffentlicher Dienst wäre nicht überlebensfähig. Mit dem Wandel des Personals wird auch ein Wandel der Arbeitsgewohnheiten einhergehen. Das Land Berlin muss die Chance ergreifen, endlich in der gesamten Verwaltung die digitalen Arbeitsweisen umzusetzen und in die entsprechende Infrastruktur zu investieren. Bei einem so gewaltigen Austausch von Personal muss zudem darauf geachtet werden, dass der Wissenstransfer zwischen ausscheidenden und neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesichert wird. Allein aus diesen fließenden Übergängen ergibt sich, dass die Zielzahlen beim Personal mindestens zeitweise nicht gehalten werden können.

Zur Zeit arbeitet der Senat an einem Personalkonzept für Berlin. Die Senatskanzlei wurde mittlerweile zur Koordination eingeschaltet, um das Verfahren zu beschleunigen. Personal ist Aufgabe der Innenverwaltung, die Finanzverwaltung ist ein wichtiger Zuarbeiter. Wir müssen für die Zukunft das Land Berlin nicht neu erfinden, aber doppelte Zuständigkeiten vermeiden. Wichtig ist, dass neue Aufgaben immer auch mit Personal untersetzt werden. Wenn wir als Land den Bezirken zusätzliche Aufgaben geben, dann müssen wir auch das Personal dafür bereitstellen.

Als SPD-Fraktion werden wir weiter Druck machen, damit das Land Berlin kurzfristig eine abgestimmte Strategie des Senats für das Personal in den kommenden Jahren hat. Denn das ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der Verwaltung.

Öffentlicher Dienst: Wir brauchen ein Personalkonzept